Verfasst von Max Füß am 23.02.2023
Einleitung
Mit Teebeuteln die Kohlenstoffspeicherfähigkeit und die biologische Aktivität von Böden ermitteln? Das ist möglich mit der Teebeutelmethode oder dem Tea Bag Index (TBI), dies ist eine von Keuskamp et al. (2013) entwickelte, standardisierte Methode, um die Streuzersetzung in Ökosystemen zu bestimmen. Dies ermöglicht es, Rückschlüsse auf die mikrobielle Aktivität im Boden zu ziehen. Der Inhalt der Teebeutel steht hierbei repräsentativ für eine homogene abgestorbene Biomasse und erlaubt es hierdurch, die Umwelteinflüsse auf den Abbau des organischen Materials, unabhängig von der Streuqualität, zu messen. So kann eine „Zersetzungsmatrix“ erstellt werden, welche es ermöglicht, Ökosysteme und Bodentypen miteinander zu vergleichen.
Der Abbau organischen Materials ist entscheidend für das Wachstum und den Stoffwechsel von Pflanzen und Mikroorganismen: Durch Zersetzung und Mineralisierung werden die benötigten Nährstoffe verfügbar. Dabei wird auch das Treibhausgas CO2 in die Atmosphäre freigesetzt. Ein schneller Abbau führt zu erhöhten CO2-Emissionen, während ein langsamer Abbau die Kohlenstoffspeicherung im Boden erhöht. Um den weltweiten Kohlenstoffkreislauf besser zu verstehen, ist es daher wichtig, mehr Informationen über die Zersetzungsraten in unterschiedlichen Böden zu sammeln.
Mit dem TBI können auch Laien weltweit einen wertvollen Beitrag zu Wissenschaft und Umwelt leisten. Diese einfache und kostengünstige Methode zur Bestimmung von Zersetzungsraten ist wissenschaftlich anerkannt, und entsprechende Initiativen wurden bereits in zahlreichen Ländern der Erde gestartet. Mit diesen Experimenten können weltweit vergleichbare Daten gewonnen werden, vor allem auch aus Regionen, zu denen bislang keine entsprechenden Informationen vorliegen.
In den Außenstandorten von Mollesnejta: Inca Wayra und Pirhuas wird in Kooperation mit der Universität Freiburg seit November 2022 ein neues Agroforstprojekt angelegt. Es soll auf den degradierten Böden der zwei Standorte mithilfe von agroforstlichen Prinzipien eine Bodenverbesserung erreicht werden. Bei den neuangelegten Agroforstparzellen kann mithilfe des TBI die mikrobielle Aktivität zum Beginn des Projektes untersucht werden. Da der TBI ein standardisierter Test ist, können dann in zukünftigen Projekten, Student*innen die Entwicklung der Zersetzungsrate und der mikrobiellen Aktivität im Laufe der Zeit in den neuangelegten Agroforstparzellen untersuchen. Durch diesen Versuch könnte ein Beitrag dazu geleistet werden, die mikrobielle Aktivität und dadurch die Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit in Agroforstsystemen nachzuweisen. Es soll vor allem die Bodenverbesserung um Apfelbäume (Malus spp.) untersucht werden, da dies die ökonomisch relevanteste Art im Agroforstbestand ist.
Material und Methoden
Verwendet werden zwei verschiedene Teesorten, welche paarweise in den Parzellen vergraben werden: Lipton Grüntee (EAN: 87 22700 05552 5) und Lipton Rooibostee (EAN: 87 22700 18843 8), die sich in Tetraeder förmigen biologisch-abbaubaren Teebeuteln befinden. Lipton hat 2021 die Art des Teebeutelgewebes verändert, von Nylongewebe auf biologisch abbaubare Teebeutel. Laut der offiziellen Webseite des TBI lohnt es sich dennoch mit den neuen Teebeuteln Versuche zu machen. Für die Vergleichbarkeit muss dann allerdings auch in Zukunft dieselbe Art Teebeutel verwendet werden. Durch die Maschenweite der Teebeutel von 0,25mm können Mikroorganismen und Mesofauna das Substrat erreichen. Makrofauna wird davon jedoch ausgeschlossen (Keuskamp et al., 2013).
Die Versuchsdauer beläuft sich auf 90 Tage. Pro Parzelle wurden an drei verschiedenen Orten jeweils eine Sorte Teebeutel in einer Tiefe von 8cm mit Hilfe einer Spitzhacke vergraben. Es stehen 40 Teebeutel je Teesorte zur Verfügung. Da die Anzahl der untersuchbaren Parzellen begrenzt ist, muss sich auf eine Baumart konzentriert werden. Es wurde sich für Malus spp. entschieden, da dies die ökonomisch relevanteste Baumart in diesem Agroforstsystem ist. Malus spp. wird in 6 verschiedenen Kombinationen mit anderen Baum- und Lebensformarten angebaut. Die verschiedenen Kombinationen mit Malus spp. werden jeweils auf zwei Standorten und mit drei Wiederholungen je Parzelle durchgeführt. Somit können alle 12 Parzellen, in welchen Malus spp. gepflanzt ist, untersucht werden. Damit ergeben sich 36
Untersuchungsbereiche in 12 Parzellen auf zwei Standorten.
- Monokultur eine Art (Parzellen Nr.3A & 3B): Malus spp.
- Eine Lebensform „Bäume“ mit drei Arten (Parzellen Nr.7A & 7B): Malus spp., Inga feuillei und Fraxinus americanus
- Drei Lebenformen mit drei Arten (Parzellen Nr.9A & 9B): Malus spp., Cytisus proliferus Tagasaste, Phoenix canariensis
- Drei Lebensform mit fünf Arten (Parzellen Nr.11A & 11B): Malus spp., Cytisus proliferus Tagasaste, Fraxinus americanus, Opuntia ficus-indica und Inga feuillei
- Vier Lebensformen und fünf Arten (Parzellen Nr.12A & 12B): Malus spp., Cytisus proliferus Tagasaste, Phoenix canariensis, Opuntia ficus-indica und Inga feuillei
- Vier Lebensformen und sechs Arten (Parzellen Nr.14A & 14B): Malus spp., Cytisus proliferus Tagasaste, Phoenix canariensis, Fraxinus americanus, Opuntia ficus-indica und Inga feuillei
Die Teebeutel sollen zwischen einem Malus spp. und einer weiteren Art in einer Reihe vergraben werden. Bei der Monokultur-Parzelle von Malus spp. würde das einem Abstand von 1,25m entsprechen. Die Anzahl der Malus spp. Bäume in den Parzellen sind bekannt, so kann mithilfe von Excel eine zufällige Zahl und somit ein zufälliger Malus spp. ausgewählt werden (Tab. 1). Die Nummerierung beginnt in der nord-westlichen Ecke der Parzelle. Wenn nun ein zufällig ausgewählter Malus ssp. ermittelt worden ist, werden die zwei Teebeutel zwischen diesem und der östlich gelegenen Lebensform vergraben. Dies wird pro Parzelle dreimal wiederholt (Abb. 1). Mit dieser Systematischen Verteilung der Teebeutel kann sichergestellt werden, dass die Teebeutel auch nach den 90 Tagen wieder gefunden werden können. Das ist deshalb von Bedeutung, da der Versuchszeitraum sich in der Regenzeit befindet und somit eine hoher Vegetationszuwachs zu erwarten ist. Außerdem kann so sichergestellt werden, dass ein einheitlicher Abstand zu den Malus-Bäumen eingehalten wird.

Bildquelle: Julia Schwarz

Versuchsablauf
Die Teebeutel wurden am 21.11.2022 in Pirhuas und am 22.11.2022 in Inca Wayra vergraben und 90 Tage später am 19.02.2023 und 20.02.2023 wieder ausgegraben. Es wurden die oben genannten Teebeutel der Marke Lipton verwendet.
1.Einwiegen der einzelnen Teebeutel mit einer Waage, welche auf 0,00 g genau wiegt (abziehen des leeren Teebeutel inkl. Schnur und Label)
2. Markieren der Teebeutel mit dem Blech leerer Aluminiumdosen. Um den Teebeutel eindeutig identifizieren zu können, wurde der Name der Parzelle sowie die Zahl der Wiederholung in römischen Zahlen eingeritzt.
3. Markieren der Teebeutel mit dem Blech leerer Aluminiumdosen. Um den Teebeutel eindeutig identifizieren zu können, wurde der Name der Parzelle sowie die Zahl der Wiederholung in römischen Zahlen eingeritzt.
Beispiel: 3A II Parzelle 3A die zweite Wiederholung
Da die Labels des Tees von der Sonne ausgeblichen werden könnten, wurde das Blech zusätzlich an zwei Stellen eingeschnitten und mit G für Grüntee und R für Roibostee markiert, dort werden dann die zwei Teebeutelsorten eingehängt.
4. Vergraben der Teebeutel in 8cm Tiefe mit einer Spitzhacke und mithilfe des Blechs an der Oberfläche und einem Stock markieren.
5. Das Datum, die Geografische Position und die Wetterverhältnisse während des Versuches dokumentieren.
6. Nach 90 Tagen werden die Teebeutel ausgegraben.
7. Evtl. anhaftende Erde entfernen und für 48h bei 70°C trocknen.
8. Den getrockneten Teebeutel mit Inhalt wiegen, den Teebeutel entfernen und den reinen Teebeutelinhalt wiegen.
9. Berechnen des Stabilisierungsfaktors S und der Zersetzungsrate k mit Funktion 1.
Berechnung von Stabilisierungsfaktor S und Zersetzungsrate k Berechnung von Stabilisierungsfaktor S und Zersetzungsrate k
Grüntee zeichnet sich durch eine schnellere Zersetzung der labilen Fraktionen im Vergleich zu Rooibostee aus. Während der Abbau bei Grüntee bereits nach ca. 30- 40 Tagen stagniert, befindet sich Rooibostee im stetigen Abbau (Abb. 2).

Quelle: Keuskamp et al., 2013
Dieser Unterschied in der Zersetzungscharakteristik erlaubt die Berechnung der Zersetzungsrate k, diese beschreibt die kurzfristige Dynamik bei neuem Biomasse Input. Sie kann mit der exponentiellen Zerfallsfunktion 1 berechnet werden:

Hierbei handelt es sich bei W(t) um das Gewicht des Substrates nach der Inkubationszeit t von 90 Tagen. a beschreibt den Anteil der labilen Fraktionen und (1-a) den Anteil der schwerabbaubaren Fraktionen. Durch das Wiegen des Substrates nach t Tagen ist W(t) bereits bekannt. Um nun Rückschlüsse auf die labile Fraktion a treffen zu können, werden die verschiedenen Zersetzungsraten der beiden Teesorten genutzt. Bei Grüntee sind nach 90 Tagen bereits alle labilen Fraktionen abgebaut, somit können die labilen Fraktionen von Grüntee aG berechnet werden. Da sich labilen Fraktionen im Laufe des Zersetzungsprozesse in schwer abbaubare Fraktionen umwandeln können, kann eine Stabilisierungsrate S aus den chemisch analysierten hydrolysierbaren Fraktionen H, welche die labilen Fraktionen zum Zeitpunkt t=0 darstellen, berechnet werden (Siehe Funktion 2):

Um nun die labilen Fraktionen von Rooibostee zu berechnen, wird die Annahme getroffen, dass die Stabilisierungsrate S von Grüntee gleich der von Rooibostee ist. Wenn nun diese mit den hydrolysierbaren Fraktionen von Rooibostee HR multipliziert wird, ergibt sich aR.

Mit diesen Daten kann nun mit Funktion 1 die Zersetzungsrate k in der Versuchsparzelle berechnet werden.
Ergebnisse und Diskussion
Der Versuch sollte während der Regenzeit durchgeführt werden, welche in Bolivien normalerweise von November bis April anhält. Die Teebeutel wurden am 22.11.2022 bzw. am 23.11.2022 in den Parzellen vergraben. In der Regenzeit 2022/2023 fing die Regenzeit allerdings erst Ende Januar an. Da Wasser für die Aktivität der Bodenmikroorganismen benötigt wird, konnte der Zersetzungsprozess erst im letzten Drittel des Teebeutelversuches beginnen. Dies sollte im Vergleich mit zukünftigen Daten aus der Parzelle berücksichtigt werden. Außerdem sorgt die längere Trockenheit dafür, dass evtl. nicht alle labilen Fraktionen des Grüntees zersetzt wurden, was zu Verzerrungen bei der Berechnung des Stabilisierungsfaktors S führt ((Keuskamp et al., 2013).
Außerdem wurden die neuen biologisch abbaubaren Teebeutel von Lipton verwendet. Dies führte zu Problemen bei der Bergung der Teebeutel nach der Inkubationszeit von 90 Tagen, da diese teilweise dabei kaputt gingen. Die Parzellen mit nur zwei Wiederholungen anstatt drei sind mit einem Stern in Abb. 4 gekennzeichnet.
In Abb.3 sind Ergebnisse von Keuskamp et al., 2013 aus verschiedenen Ökosystem zur Einordnung der Ergebnisse aus Abb.4 dargestellt. Generell kann gesagt werden, dass die Zersetzungsrate k höher ist in Regionen mit hohem Niederschlag und hoher Temperatur, wie das Beispiel 13 in Abb.3 in den Tropischen Regenwäldern von Panama zeigt. Gleichzeitig ist dort auch die Stabiliesierungsrate S sehr gering, was auch auf die hohe Temperatur und damit auf die hohe Umsatzrate der Biomasse zurückzuführen ist. In den verhältnismäßig kühlen und regenreichen Torfböden von Irland (Beispiel 3 und 4 Abb.3) ist hingegen die Stabilisierungsrate S wesentlich höher und die Zersetzungsrate k geringer. Daraus schließt Keuskamp et al., 2013, dass höhere Temperaturen mit einer geringeren Stabilisierungsrate S korreliert ist.
In den Ergebnissen aus Abb.4 fällt auf, dass eine relativ hohe Stabilisierungsrate S zu sehen ist. Dies könnte daran liegen, dass wegen der verspäteten Regenzeit, nicht alle labilen Fraktionen des Grüntees zersetzt wurden und so die Ergebnisse verzehrt sind. Interessanterweise scheint sich ein Trend abzuzeichnen, in welchem ein höherer S Wert in Pirhuas (alle Ergebnisse mit dem Buchstaben B) zu erkennen ist. Dies müsste allerdings erst einer statistischen Analyse unterworfen werden, welche sich aufgrund der schlechten Qualität der Daten nicht lohnt. Es wäre allerdings interessant, die Messdaten mit Niederschlagsmessungen auf den beiden Standorten zu vergleichen, ob es evtl. auf dem Standort A Inca Wayra mehr und früher geregnet hat und deshalb die S Werte repräsentativer ausfallen.

Beschreibung der Abkürzungen:
United States–Florida (US-FL; n = 10), China (CN; n = 5), Panama (PA; n = 20), Niederlande (NL; n = 4), Österrreich (AU; n = 10), Irland (IE; n = 5) and Island (IS; n = 32). Die Fehlerbalken sind Standardfehler.
(Keuskamp et al., 2013)

Beschreibung der Abkürzungen;
Buchstaben: A steht für Inca Wayra; B steht für Pirhuas.
Ziffern: 3 Monokultur eine Art; 7 Eine Lebensform „Bäume“ mit drei Arten; 9 Drei Lebenformen mit drei Arten; 11 Drei Lebensform mit fünf Arten; 12 Vier Lebensformen und fünf Arten; 14 Vier Lebensformen und sechs Arten
* Parzellen mit nur zwei Wiederholungen
** Parzellen mit nur einer Wiederholung
Abschließend lässt sich sagen, dass aufgrund des mangelnden Regens und der neuen Teebeutel von Lipton die Ergebnisse keine Aussage über die mikrobielle Aktivität im Boden zulässt. Deshalb sollte der Versuch wiederholt werden.
Literaturverzeichnis
Keuskamp, J. . et al. (2013) ‘Tea Bag Index: a novel approach to collect uniform decomposition data across ecosystems | Enhanced Reader’, Methods in Ecology and Evolution, 4(1), pp. 1–4.
Tresch, S. and Fliessbach, A. (2021) ‘Zersetzungstest mit Teebeuteln’, Fibl; Merkblatt Ausgabe Schweiz, 1215(1). Available at: www.teatime4science.org. (Accessed: 24 February 2023).
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