Verfasst von Dea Spiess am 05.12.2022
Dieser kleine Satz «Schaufeln in Sipe Sipe» löst bei mir und soweit ich weiss auch bei den anderen Praktikant:innen einen Sturm von Gefühlen und Emotionen aus. Zum einen ist es Angst: Angst vor dem Ausgelesen werden, um zu schaufeln, Angst vor der Anstrengung, Angst vor den Blasen an den Händen… Wer wird heute nach Sipe Sipe gehen, um mit Pickel und Schaufel seine Frustration, Wut und diverse andere Gefühle rauszulassen? Wer kann sich drücken? Wie kann man sich drücken? Zum anderen war aber auch eine gewisse Vorfreude mit dabei. Ein Wegkommen von Mollesnejta für einen Tag, in Sipe Sipe Snacks nach Lust und Laune kaufen zu können, Mittagessen im Restaurant, andere Leute sehen und vielleicht sogar mit ihnen ins Gespräch kommen, eine Arbeit verrichten können, wo man das Hirn auch mal abschalten kann, oder Zeit hat, über etwas nachzugrübeln. Und Sport hat man zugleich auch noch gemacht!
Bei den Worten «schaufeln» und «SipeSipe» kommen also gemischte Gefühle auf. Aber was hat es damit überhaupt auf sich? Hier eine kurze Erläuterung. SipeSipe ist von Mollesnejta mit einem Trufi (öffentlicher Verkehrsmittel) etwa in einer Stunde zu erreichen. Dort findet ein Forschungsprojekt von Dr. J. Schwarz, Mitarbeiterin der Uni Freiburg Deutschland statt. An zwei Standorten in SipeSipe wurde das gleiche Design mit denselben Versuchsparzellen durchgeführt. Diese Versuchsparzellen sind verschiedene Kombinationen von den 6 ausgesuchten Pflanzen. Auf einigen Parzellen sind Kombinationen mit Apfelbäumen geplant. Für diese Apfelbäume müssen Löcher von 1×1 Meter und 60cm Tiefe gegraben werden. Diese Löcher werden danach mit der ausgehobenen Erde, sowie mit je 5 Eimern Guano (Mist) aufgefüllt. Darauf wird Erde, die unter erwachsenen Bäumen gesammelt wird und die Bodenpilze (Mykorrhiza) enthält, gestreut und eine Mulch Schicht darübergelegt. Danach werden dann die kleinen, ca. ein Jahr alten Apfelbäume hinein gepflanzt. Das alles wird gemacht, um den Apfelbäumchen den Start zu erleichtern. So haben sie es einfacher, ihre Wurzeln durch die sonst sehr harte Erde zu schicken, da der Boden aufgelockert ist und durch den Guano die Porenstruktur gefördert wird. Die Mykorrhiza werden möglicherweise mit den Wurzeln der Apfelbäumen, oder der Spontanvegetation um diese herum, eine Symbiose eingehen, um so die Nährstoff- und Wasserversorgung der Pflanzen zu steigern. Das Projekt hat zum Ziel, den Boden zu verbessern, die Biodiversität zu fördern, sowie zu zeigen, dass Agroforst als Ökosystem einen Mehrwert generiert.
Wissenschaftliches Ziel: Das Ziel des Projekts ist, eine Analyse der Wechselwirkung zwischen verschiedenen Wachstumsformen von Pflanzen in Agroforstsystemen auf der Grundlage ihrer morphologischen und physiologischen Merkmale. Dies ist weltweit das erste Experiment, bei dem Bäume und Nutzpflanzen auf derselben Fläche integriert werden und gleichzeitig die strengen Anforderungen eines BEF-Experiments (Biodiversity and Ecosystem Functioning) eingehalten werden. Das Design erlaubt, die Ereignisse der Analyse auf andere Pflanzmischungen zu übertragen, so dass günstigere Kombinationen von Bäumen und essbaren Pflanzen bestimmt werden können, die zur Wiederherstellung des Waldes in Zeiten des Klimawandels geeignet sind und gleichzeitig Vorteile für eine produktive Landnutzung bietet.
Es ist also eine Arbeit, die einen Sinn ergibt. Nachhaltige und biodiversitätsreiche Systeme sind meist mit viel Handarbeit verbunden. Die Arbeit ist körperlich und durch das Repetitive mit der Zeit auch geistig anstrengend. Dennoch denke ich, tut es jedem gut, eine solche Arbeit für eine Weile auszuführen. Man lernt hart zu arbeiten und Menschen mehr zu schätzen, die tagtäglich harte Arbeit verrichten. Auch habe ich gelernt an meine eigenen Grenzen zu kommen und vielleicht sogar mal darüber hinaus zu gehen.
Graben, schaufeln, pickeln. Diese drei Worte beschreiben meine Arbeit des letzten Monats. Es war eine anstrengende und nervenaufreibende Zeit. Auch unter den Praktikant:innen hat es dadurch Reibungen gegeben. Denn wenn jemand einmal weniger graben geht, muss jemand anderes einmal mehr die Schaufel in die Hand nehmen. Das hat ein harmonisches Zusammenleben schon ab und zu auf die Probe gestellt. Trotzdem haben wir es gut gemeistert, alle 440 Löcher ausgegraben und können immer noch in normalem Ton miteinander reden. An dieser Stelle muss ich anfügen, dass auf dem zweiten Versuchsfeld die Löcher mehrheitliche von einem Bagger ausgegraben wurden. Dadurch wurde von den Praktikant:innen und von den bezahlten Arbeitskräften nur noch der letzte Feinschliff erledigt, sowie die Löcher wieder zugeschaufelt und mit Mulch abgedeckt. Wenn die Regenzeit beginnt, werden wir mit dem Pflanzen der kleinen Bäumchen beginnen. Ich bin gespannt, wie dann die Arbeitsmoral aussehen wird. Ob es dann wohl einen «Streit» geben wird, wer nach Sipe Sipe fahren darf, um Bäume zu pflanzen?

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