Mein Name ist Simon. Seit Oktober 2011 studiere ich Umweltnaturwissenschaften und Internationale Waldwirtschaft an der Universität Freiburg. Zum Ende meines Bachelor-Studiums absolviere ich ein achtwöchiges Praktikum im Agroforstbetrieb Mollesnejta in Bolivien. Mollesnejta liegt ungefähr 1,5 Stunden Trufifahrt (=Kleinbus) vom Stadtzentrum Cochabambas entfernt auf einer Höhe von 2800 m über dem Meeresspiegel.
Seit 14 Jahre betreibt hier Dr. Noemi Stadler-Kaulich auf 16 ha Agroforstwirtschaft. Das Klima im Tal von Cochabamba ist semiarid mit einer 3-monatigen Regenzeit (Dezember bis Februar) und einer 9-monatigen Trockenzeit, was der begrenzende Wachstumsfaktor für die Vegetation ist.

Abbildung 1 Die Früchte des Mollebaumes (auf Deutsch: Peruanischer Pfefferbaum). Aus ihnen kann rosa und weißer Pfeffer gewonnen werden.
Neben Noemi wohnen und arbeiten in Mollesnejta noch ihr Mann Joachim, Don Martín mit seiner Familie, sowie Gustavo – ein bolivianischer Praktikant, der insgesamt ein Jahr hier verbringen wird. Zusammen mit Gustavo bewohne ich das Gästehaus. Dort teilen wir uns eine gemeinsame Küche, in der wir im Wechsel bolivianisch, deutsch oder eine Mischung aus beidem kochen.
Gleich am ersten Tag nahm mich Noemi mit auf einen Rundgang durch das Gelände, und zeigte mir einen Teil der ca. 400 (!) in Mollesnejta vorkommenden Pflanzenarten. Neben einheimischen Arten (Molle, Chacatea, Jacaranda, Tipa, Tecoma, Tuna, …) gibt es auch jede Menge nichtheimische Arten, wie bspw. Walnuss, Apfelbaum, Pinus rabiata, Eukalyptus und sogar eine kleine Eiche.
Dabei wird keine Pflanzenart in Monokultur angebaut, sondern – und das ist eines der Prinzipien von Agroforst – verschiedene Nutzpflanzen (Obstbäume, Weintrauben, Mais, uvm.) stets zusammen mit acompañantes (=Begleitarten, siehe Abb. 2). Mit dieser Art der Bewirtschaftung hat sich Mollesnejta innerhalb von knapp 15 Jahren von einer Steinwüste mit degradierten Böden und wenigen Mollebäumen darauf (Mollesnejta ist Quechua und bedeutet so viel wie „wo die Mollesbäume wachsen“), hin zu einem artenreichen Areal gewandelt. Beim Vergleich mit den nach wie vor degradierten Nachbargrundstücken ist diese Entwicklung noch hervorragend ersichtlich.
Bevor ich mit dem Arbeiten beginnen konnte, besorgte ich mir erst mal im Second-Hand-Sektor der cancha (einem großen Markt im Zentrum Cochabambas) Arbeitskleidung und einem Hut, um gegen Gestrüpp und Sonne geschützt zu sein.
Am darauffolgenden Tag bekamen Gustavo und ich von Noemi unsere Aufgaben für die Woche. So hatten wir zwei Parzellen zu versorgen, in denen wir jeweils das Gras und Gestrüpp zwischen den Nutzbaumarten und ihren acompañantes schneiden, die Bäume und Sträucher entasten, sowie Höhe und BHD (=Durchmesser auf Brusthöhe) der Nutzbaumarten messen mussten. Als Werkzeuge dienten uns dabei Sichel, Garten- und Heckenschere.
Die geschnittenen Gräser und Äste verteilten wir um die Nutzbäume, damit diese von der Bodenfauna (Mikroorganismen, Regenwürmer, …) in den Böden eingearbeitet werden können. Dies dient zum einen der Humusanreicherung im Boden, was wiederum die Wasserhaltefähigkeit und Struktur des Bodens verbessert. Des Weiteren ist ein bedeckter Boden weniger erosionsanfällig und besser in der Lage Feuchtigkeit zu halten.
In der ersten Parzelle, die wir bearbeiteten, wächst neben Eukalyptus (Eucaliptos globulus), Akazie (Acacia albata) und Kiefer (Pinus radiata), die heimische acompañante Chacatea (Dodonaea viscosa). Besonders bei Pinus rabiata konnten wir dabei beobachten, welch großen Einfluss die acompañante auf das Wachstum haben. So zeigten die Kiefern mit Begleitbaum ein deutlich ausgeprägteres Höhen- und Dickenwachstum als ihre Artengenossen ohne direkten Begleiter.
Nachdem wir die Arbeiten an dieser Parzelle abgeschlossen hatten, gingen wir über zur zweiten Parzelle, auf der neben Pinus radiata, Eukalyptus und Akazie noch Jacaranda (Jacaranda mimosifolia) und Kewiña (Polylepsis incana) als Nutzbaumart gepflanzt wurde. Das dichte Gestrüpp zusammen mit der erbarmungslos brennenden Sonne machte die Arbeit hier ungleich schwerer, weshalb wir uns zwischendurch kurze Pausen gönnten. Das gab uns die Gelegenheit uns näher kennenzulernen und uns im Schatten der Bäume über alle möglichen Themen auszutauschen. Gustavo, der in seinem Agrikulturstudium schon deutlich mehr praktische Erfahrung als ich gesammelt hat, zeigte mir außerdem, auf was man beim Entasten von Bäumen achten muss. Nachdem unsere Arbeit am Samstag von starkem Regen unterbrochen wurde, widmeten wir uns unseren wöchentlichen Berichten und nutzen schließlich den Sonntag, um uns von der Arbeit zu erholen.
Mein Fazit nach einer Woche in Mollesnejta: Beeindruckend, wie innerhalb von einem guten Jahrzehnt aus einer Steinwüste solch ein grünes, biodiverses Paradies werden kann. Und es gibt viel zu lernen – die acht Wochen scheinen mir schon jetzt viel zu kurz!
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