Schon wieder ein Bericht
über Feuer?
Vor ein paar Tagen erzählte Noemi über den Brand in der unmittelbaren
Nachbarschaft von Mollesnejta. Heute kommen noch ein paar Gedanken von mir,
Johanna, der neuen Praktikantin, dazu. Denn obwohl glücklicherweise bei uns in
der Gegend seit dem Brand Anfang August kein Feuer mehr ausgebrochen ist,
beschäftigt uns das Thema und wird am Küchentisch des Praktikantenhauses diskutiert.
Laut Opinión, einer Zeitung aus Cochabamba, zerstörte der Waldbrand in den Bergen über Mollesnejta 112 Hektar. „Freiwillige Feuerwehrleute, unterstützt von Gemeindemitgliedern, benutzten Zweige und Tank-Rucksäcke, die normalerweise zum Ausbringen von Herbiziden verwendet werden, um das Feuer zu löschen.“ Dieselbe Zeitung schreibt, dass es in Cochabamba im diesjährigen Winter bis jetzt dreimal mehr Brände gab als im Winter 2018. Laut Henry Acosta, Regionaldirektor der ATB (Autoridad de Fiscalización y Control Social de Bosques y Tierra, Behörde für Überwachung und Soziale Kontrolle von Wäldern und Land), sind diese jedoch alle illegal, da das Gesetz über kontrollierte Verbrennung im Department Cochabamba nicht gilt. Als Erklärung wird der „Chaqueo“ erwähnt. Damit wird eine gängige Praxis der bolivianischen Landwirtschaft bezeichnet, bei der die Felder abgebrannt werden um über die Asche kurzfristig mehr Nährstoffe zur Verfügung zu haben. Außerdem wird so das Feld oder auch der Wald geräumt, um dann wieder Neues anpflanzen zu können. Jedoch bringt dieses Vorgehen viele Nachteile mit sich: durch die Verbrennung wird Kohlenstoff freigesetzt, der nackte Boden ist erhöhter Erosionsgefahr ausgesetzt und die Nährstoffe aus der Asche sind nach kurzer Zeit aufgebraucht. Der Nachschub ist jedoch nicht sichergestellt, da die Biomasse fehlt, über die normalerweise Nährstoffe in den Boden gelangen. Darüber hinaus verschlechtert sich die Luftqualität und es besteht große Gefahr, dass der Chaqueo außer Kontrolle gerät und zu einem Waldbrand führt, was in letzter Zeit leider oft passiert ist. Die ABT reguliert die Chaqueos, jede Brandrodung muss von ihr genehmigt werden. „Aber in Cochabamba ist es nicht üblich, um Erlaubnis zu bitten. Es gibt keine solche Kultur“, sagt Acosta, der Regionaldirektor der ABT.

Die Angst vor Feuer ist also hier vor allem während der Trockenzeit allgegenwärtig. Im März ist der letzte Regen gefallen und es wird im besten Fall bis November dauern, bis die nächste Regenzeit beginnt. Haben wir Pech, kann es auch Dezember oder Jänner werden.
Aber nicht nur hier in Cochabamba sind Waldbrände derzeit Thema, auch in anderen Regionen Boliviens und weltweit gibt es momentan heftige Brände. Bestürzt haben wir beim Abendessen die Nachrichten über die Waldbrände im Regenwald Boliviens gelesen, die seit fast zwei Wochen wüten und schon 654.000 Hektar Wald und Weideland zerstört haben. Morgen soll ein Löschflugzeug ankommen und helfen, den Brand zu löschen, den mit Regen ist nicht zu rechnen. Und wieder werden die „Chaqueos“ als Auslöser genannt.
Schlimmer noch ist es in Brasilien, wo es derzeit im Amazonas Regenwald viele Waldbrände gibt, die sich auch nach Peru, Bolivien und Paraguay ausdehnen und worüber auch die internationalen Medien berichten.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich die Trockenheit durch die Klimakrise verschlimmert, ein Funken reicht dann, um einen Waldbrand auszulösen. Was kann man tun? Auch das haben wir am Küchentisch diskutiert. Wichtig ist, so glaube ich, dass der enorme Wert von Bäumen und Wäldern noch viel mehr Menschen verständlich gemacht werden muss, damit niemand mehr auf der trockenen Wiese oder im Wald ein Feuer entzündet.
Eigentlich sollte dieser Blogeintrag hier enden, doch während ich die letzten Zeilen schrieb, wurde ich von der Realität eingeholt: Ein Anruf erreichte Noemi, in den Bergen über uns, dort wo ein Teil des Trinkwasserreservoirs für Combuyo, unserem Dorf, liegt, wurde ein Feuer gesichtet. Wir hoffen also, dass kein starker Wind aufkommt und bleiben in Alarmbereitschaft…
Nachtrag: Diesmal hatten wir Glück und vom Feuer war ein paar Stunden später nichts mehr zu sehn. Es kam kein Wind auf und der Brand war somit leicht zu löschen.

PS: Da ihr in Zukunft noch öfter von mir lesen werdet, möchte ich mich kurz vorstellen. Ich heiße Johanna, bin 23 Jahre alt und komme aus einem Dorf im nördlichen Alpenvorland Österreichs. Vor ein paar Monaten habe ich meinen Bachelor in Umwelt- und Bioressourcenmanagement an der Universität für Bodenkultur in Wien abgeschlossen. Bevor ich mit einem Master beginnen werde, wollte ich aber noch ein bisschen Praxiserfahrung sammeln. Mein Interesse gilt der nachhaltigen Landwirtschaft, Internationaler Entwicklungszusammenarbeit und allen möglichen Projekten, Strategien und Ideen, die versuchen, die Klimakrise zu stoppen. Da ich vor meinem Studium schon ein Jahr in Ecuador als Volontärin in einem Sozialprojekt für benachteiligte Kinder und Jugendliche verbracht habe, zog es mich wieder nach Südamerika. Glücklicherweise fiel mir eines Tages auf der Uni ein Zettel mit der Ausschreibung für ein Agroforst-Praktikum in Bolivien auf – und so bin ich nun in Mollesnejta gelandet und werde die kommenden 10 Monate hier leben, arbeiten und lernen und euch auch immer wieder daran teilhaben lassen.
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