Stecklings Vermehrung unter Anleitung von Noemi Stadler-Kaulich
im Permakultur Garten, Heinz-Bernd-Weg Wennigsen am 14. September 2022
Noemi lebt in Bolivien wo sie mit ihren Studentinnen und Praktikantinnen in den Anden auf 2800mmit der Methode des Agroforstens experimentiert und den dort sehr trockenen Boden dauerhaftwieder fruchtbar machen möchte.
Aufgrund der langen Trockenzeiten, die wir in Mitteleuropa inzwischen erleben, ist sie vor 6 Jahren zum ersten Mal ins Ökodorf Sieben Linden gebeten worden, um in Seminaren ihr Agro-Forst-Wissen zu teilen. Dort haben sich Christina Groh und Noemi im Frühjahr 2022 kennengelernt und Noemi folgte einer Einladung nach Wennigsen zu kommen, um unser Land am Bröhnweg aus Agroforstperspektive zu begutachten und uns beratend zur Seite zu stehen. Auf der Fläche am Bröhnweg wollen wir einen modellhaften Agroforststandort errichten. Hier soll gezeigt werden, wie man über Pflanzen den Boden verbessert, wie man mit einer hohen Diversität von Pflanzen und auf Pflanzen basierten Maßnahmen, wie zum Beispiel dem Anlegen einer Totholzhecke, fruchtbare Biotope schafft. Gleichzeitig sollte diese Fläche ein Raum für Menschen werden, die Kontakt mit der Natur, einen Erholungsraum, und einen modellhaften Raum zum Ernten von Beeren, Obst und Nüssen suchen. Entlang der Fläche ist geplant, eine breite Hecke zum Nachbargrundstück zu pflanzen, die den Boden vor den Einträgen konventioneller Düngung schützen soll und viel Bodendiversität hervorbringt. Diese Hecke sollte möglichst kostengünstig sein, indem Stecklinge gezogen werden. Daher der Kurs Stecklings-Vermehrung. Hier zeigt uns Noemi wie wir die mitgebrachten Gehölze zerkleinern, um daraus Stecklinge zu ziehen. Dafür wurde zunächst eine Pflanz-Kiste gebaut, die wühlmaussicher ausgekleidet und mit Gartenerde und einem großen Anteil Sand gefüllt wurde. Der Sand liefert das Volumen für die Stecklinge, speichert Wasser, durchlüftet und durch die Nährstoffarmut werden die Stecklinge angeregt, viele Wurzeln zu bilden. Beim Einpflanzen muss man später die Feinwurzeln etwas zurückschneiden.

Zur Vermehrung
Wir beginnen mit einem Stück Weidenzweig: an den Stellen, wo später die Blätter oder Zweige austreiben würden, bilden sich, wenn man den Zweig in die Erde steckt, Wurzeln.
Das machen sie aber nur, wenn sie es dunkel haben. Es gibt verschiedene Ansprüche an das Alter dieser Stecklinge: Bei der Weide geht das recht gut von 0 Jahren bis zu richtig dicken Stämmen, die sich verwurzeln. Bei Kräutern ist es meistens so, dass nur die 1-jährigen
Abschnitte von den Pflanzen das Vermögen haben, sich wieder zu bewurzeln, wie z.B. Lavendel. Bei der Schlehe werden wir Versuche machen, was am besten
ist. Wir probieren es mit dem 2-jährigen Holz, das 1-jährige wird kurzgeschnitten.
Das einjährige ist immer die letzte Spitze am Zweig. Es gibt immer eine Verzweigung pro Jahr

Wenn ich jetzt Stecklinge habe, dann muss ich auch daran denken, dass jeder Zweigabschnitt einen gewissen Widerstand haben muss, um sich in den Boden stecken zu lassen. Ich lasse auf jeden Fall oben eine Verzweigung stehen, um zu wissen, wo oben und unten ist. Denn bei einer größeren Anzahl von vorgeschnittenen Stecklingen kann es sonst zu Verwirrung kommen.
Eine andere Möglichkeit, zu erkennen, wo oben und unten ist, ist es, ein Blatt am Zweig zu lassen. Mehr nicht, denn wenn diese Pflanze sich jetzt mit Wurzeln bestocken soll, hat sie noch nicht genug Nahrung, um auch noch Blätter zu ernähren. Wenn sie überfordert wird, stirbt sie ab. Eine dritte Möglichkeit, dass ‚oben und unten‘ eines Stecklings zu unterscheiden, ist die sich
verändernde Dicke des Zweigs

Im Wasser vorziehen geht auch, ist aber ein größerer Aufwand, da es ja einen weiteren
Arbeitsschritt bedeutet. Manche Pflanzen treiben im Wasser auch nicht aus, weil sie dort zu viel Licht haben Wenn die Bewurzelung im Wasser stattgefunden hat und ich den Steckling dann in den ‚Sandkasten‘ hineinstecke, dann brechen von den kleinen Wurzeln wieder welche ab. Wenn ich diesen bewurzelten Steckling vorsichtig in die Erde gebe und den Wurzelraum vorsichtig befülle, ist das möglich, aber bei hundert Stecklingen ist das sehr aufwendig. Wir stecken den Steckling schräg in die Erde, etwa 45Grad. Die Fähigkeit sich zu bewurzeln, ist dann größer. Dann gibt es noch die Möglichkeit, einen Fuß zu schneiden – ich habe hier bereits eine waagerechte Stelle, die sich gut bewurzelt, weil sie waagerecht ist. Die wird dann eingesetzt – so tief wie möglich. Generell gilt: Je tiefer der Steckling eingesetzt wird, umso mehr Bewurzelung ist möglich. Unsere Kiste ist 30cm tief. Beim Einbringen muss ich auch darauf achten, dass das Substrat nicht zu hart ist, sonst löst sich die Rinde von dem Holz ab und dann habe ich nicht mehr die Zellen, die sich zu Wurzeln ausbilden können.

Die Bedeutung von Hecken
Aus je mehr verschiedenen Pflanzen sie gebildet wird umso besser.
Hecken brechen den Wind, verringern die Verdunstung von Feuchtigkeit und sind Habitat für viele Insekten und andere Tiere.
Ihre Wirkung auf den Boden ist sehr positiv: Wo eine Hecke steht, ist der Bodenraum mit den
Wurzeln ausgefüllt – je höher die Diversität, umso verschiedener sind auch die Wurzeln und ihre Ausscheidungen. Das wirkt sich förderlich auf die Bakterien, Pilze und übrigen Bodenlebewesen aus, die eigentlich den Boden erst fruchtbar machen. In diesen Bereichen kann auch nicht mit einem Traktor durch das Land gefahren werden – so ist es eine Zone in der Erde, von der die Bodenorganismen in die Flächen ausstrahlen können, die wir beackern. Bei jeder Störung im Boden, bei jedem Hacken, das ich vollbringe – auch in der besten Absicht, die Erde zu belüften oder Unkraut herauszunehmen, störe ich die Bodenbiologie. Und
wenn ich die sehr störe, kann ich einen gewissen Bodenaufbau zerstören. Die Bodenlebewesen sind dann nicht in ihrem Wohlfühlhabitat, CO2 geht in die Luft – so hat alles seine zwei Seiten. Bodenlüftung, Bodenlockerung, Bodenbeschattung, Biomasseproduktion, auch Biomasseproduktion über das Wurzelwerk im Boden – das bringen nur die längerjährigen
Pflanzen. Nadel- oder Laubhecke? Laubgehölze sind wertvoll für Insekten (Raupen, Schmetterlinge, Bienen etc), Laubgehölze mit Dornen beliebt bei den Vögeln für den Nestbau. Allerdings verlieren sie im Herbst ihre Blätter wohingegen die immergrünen Nadelgehölze auch im Winter Schutz gegen kalte Winde bieten. Deshalb ist eine gemischte Hecke am sinnvollsten.
Wir legen jetzt los -produzieren die Stecklinge, setzen sie in die Kiste ein und beschriften sie.
Schließlich wird das Ganze noch mit Heu gemulcht.
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