Verfasst von Dea Spiess am 20.11.2022
Köhlern ist in der Schweiz ein altes, traditionelles, fast ausgestorbenes Handwerk. Dabei wird im «Grossen» Styl Holzkohle aus den umliegenden Wäldern produziert und danach verkauft. Hier in Mollesnejta, Bolivien haben wir geköhlert, um Schnittabfälle und Holzreste zu veredeln und dadurch einen eigenen Dünger herzustellen, um diesen auf eigenen Parzellen ausbringen zu können. Auch wenn das Grundprinzip der Pyrolyse und damit der Kohlenstoffspeicherung dasselbe ist, sind doch die Beweggründe, sowie die Machart stark verschieden. Ich werde in diesem Bericht beide Arten des Köhlerns versuchen zu erklären und zu vergleichen.
Durch das Verköhlern wird der Kohlenstoff im Holz gespeichert. Dabei ist es aber wichtig, dass die Kohle pyrolysiert wird, da nur dadurch aus Holz Kohle mit gespeichertem Kohlenstoff und keine Asche entsteht. Die Pyrolyse ist ein Prozess, der unter Sauerstoffabschluss und bei einer Temperatur von 450°C beginnt. Kohle kann zwei Wege nehmen. Entweder wird sie als Brennmaterial verwendet, wodurch dann der Kohlenstoff bei einem zweiten Verbrennen in die Luft geht, und Asche zurückbleibt. Der zweite Weg besteht darin, die Kohle aufgrund ihrer grossen Oberfläche mit Nährstoffen aufzuladen und dann als Dünger zu verwenden.
Hier in Bolivien wird das verköhlern von Holz kaum angewendet. In Mollesnejta arbeitet Noemi Stadler-Kaulich daran, das Köhlern auf verschiedene Arten auszuprobieren, um so eine möglichst einfache und gute Möglichkeit zu finden, die dann von Bauern in Bolivien und Umgebung angewendet werden kann. Die Bauern sollten durch das Köhlern eine Möglichkeit haben, ihre Schnittabfälle von Bäumen, mit Vermischung von anderen Abfallstoffen (Guano, Urin) zu einem hochwertigen Dünger verarbeiten zu können. Das Köhlern soll dabei in einem kleinen Rahmen stattfinden, sodass der ganze Verkohlungsprozess innerhalb eines Tages möglich ist.
In der Schweiz wird das Köhlern schon seit langer Zeit angewendet. Es ist vor allem einen Nebenerwerb von Landwirten oder Waldbesitzern. Dabei wird Kohle in grosser Menge aus den umliegenden Wäldern produziert. Die Kohle wird anschliessend als Grillkohle verkauft. Dieser Prozess ist zeitaufwändig und sehr arbeitsintensiv und die Pyrolyse dauert mehrere Tage. In der Schweiz wird beim Köhlern von einem Meiler gesprochen. Dieser Meiler wird zuerst auf einem ebenen, windgeschützten Platz aus einem Meter langen Holzstücken gebaut. Das Holz sollte vorher luftgetrocknet sein. Die Holzstücke werden direkt auf dem Boden zu einem vier Meter hohen und zehn Meter breiten Haufen aufgeschichtet. Es ist wichtig, die Holzstücke möglichst luftdicht zu schichten. In der Mitte wird ein «Füllibaum» hingestellt, der nach dem Aufbauen des Meilers wieder entfernt wird. Dieser soll ein Loch in der Mitte freihalten, sodass dadurch der Meiler später angezündet werden kann. Ist der Meiler fertig aufgebaut, wird er mit Tannenreisig und danach mit «Löschi», einem Gemisch aus Kohleabfällen und Erde, abgedeckt, um so möglichst die Luftzufuhr zu reduzieren. Der Meiler wird dann mit glühender Kohle über den Schacht (nachdem der «Füllibaum» entfernt wurde) angezündet. Die Öffnung oben wird mit einem Eisendeckel verschlossen und mit Löschi abgedeckt.


In Mollesnejta haben wir nicht direkt auf dem Boden geköhlert, sondern mit einem konisch verlaufenden Gefäss gearbeitet, welches von oben nach unten schmaler wird und insgesamt 1 Kubikmeter fasst. In der Mitte auf dem Boden des Gefässes befindet sich ein Loch. Das Loch wird beim Schichten der Holzstücke nicht zugedeckt. Dadurch kann während dem Köhlerprozess die heisse Luft rausströmen, ohne dass andere Luft nachgezogen wird, da das Loch unten geschlossen ist. Das Holz, das von Bäumen runter geschnitten wurde, sind oft kleinere Äste, die wir dann auch möglichst kompakt in das Gefäss geschichtet haben, sodass der Sauerstoffanteil möglichst geringgehalten werden konnte. Dann wurde das Holz von oben her angezündet, wobei die Flamme sichtbar ist und die Pyrolyse unterhalb stattfindet.

Der Prozess des Köhlerns ist während der ganzen Zeit streng zu überwachen. In der Schweiz sticht der Köhler immer mal wieder Luftlöcher in den Meiler, sodass der Rauch austreten kann. Ist der austretende Qualm blau, ist das Holz von innen bis zum äusseren Rand des Meilers verkohlt. Der Meiler verkohlt von oben nach unten und von innen nach aussen. Alle paar Stunden muss heisse Kohle in den Schacht oben eingeworfen werden. Insgesamt dauert der Prozess 14-18 Tage, wobei der Meiler über die ganze Zeit ständig überwacht werden muss. Ist der Meiler fertig verköhlert, wird er mit einer Plastikplane luftdicht abgedeckt, sodass die Glut erstickt. Danach lässt man ihn weitere 10-14 Tage abkühlen, bis man dann die fertige Kohle ernten kann. Die Kohle wird heute vor allem als Grillkohle verkauft.

In Mollesnejta musste natürlich der Prozess auch ständig überwacht werden, die Aufgaben dabei unterscheiden sich aber etwas zwischen den Techniken. Beim Köhlern hatten wir immer einen Wasserschlauch zur Hand, um herausfallende Holzstücke direkt ablöschen zu können. Aufgrund der starken Trockenheit in dieser Jahreszeit ist das ein sehr wichtiger Aspekt. Wenn das Feuer nicht mehr so stark lodert, setzt die Pyrolyse ein. Ab einem bestimmten Zeitpunkt bildet sich obendrauf eine weisse Ascheschicht. Wenn dies passierte, haben wir mit dem Schlauch die Flammen etwas reduziert und dann mit einem Holzstab in den Holzstücken herumgestochert. Dadurch wollten wir ein Zerfallen der bereits verkohlten Holzstücke erreichen, sowie ein Komprimieren der Masse. Aufgrund dessen konnten wir wieder neues Holz oben auflegen und verköhlern. Diesen Prozess haben wir einige Male wiederholt, bis der Köhlertrichter voll war.


Dann haben wir die Kohle von oben mit Urin aus den Trockentoiletten abgelöscht und gleichzeitig auch Wasser von unten durch das Loch in der Mitte einlaufen lassen. Da es für diese Menge an Kohle, rund ein Kubikmeter, also 1.000 Liter Flüssigkeit benötigt, ist es nicht möglich, alles nur mit Urin abzulöschen. Durch die Zufuhr des Wassers von unten wird direkt der innere, heisse Kern der Kohle abgekühlt, dadurch verdunstet weniger Wasser im Vergleich zum Ablöschen von oben. Dies ist ein wichtiger Aspekt für Mollesnejta, da in der Trockenzeit mit Wasser stark gespart werden muss. Der Urin wird beigemischt, um die Kohle mit Nährstoffen anzureichern. Aufgrund der grossen Oberfläche der Kohle ist es dieser Möglich, sehr viele Nährstoffe zu speichern. Die Kohle wird dann über Nacht im Wasser stehen gelassen. Danach kann das Wasser abgelassen werden und die Kohle wird getrocknet.

Mit dieser Kohle haben wir anschliessend einen Feigenbaum gedüngt. Dafür haben wir um den Baum eine Rinne gegraben und dort die Kohle vermischt mit Guano reingefüllt. Die Rinne kann etwa in einem Abstand um den Baum gemacht werden, so wie die Krone breit ist. Dadurch gelangen die Nährstoffe zu den Feinwurzeln, wo sie dann aufgenommen werden können. Zum Schluss wird die Rinne mit dem Kohle-Guano Gemisch und mit Wasser angereichert. Das Wasser soll helfen, die Mikrobielle Aktivität zu fördern. Danach wird die Rinne wieder mit Erde zugedeckt und mit Mulch abgedeckt. Diese Nährstoffrinne bildet dann einen langjährigen Nährstoffspeicher an für den Baum.
Die beiden Techniken sind in ihrer Grundstruktur gleich, nämlich die Pyrolyse von Holz herbeizuführen. Die Schweizer-Technik ist dabei sehr aufwändig und kompliziert und muss als eigenes Handwerk angesehen werden. Die Mollesnejta- Methode ist viel einfacher und damit auch praktisch, für die Anwendung von Kleinbauern. Die Kohle wird sich wahrscheinlich in ihrer Qualität unterscheiden, da sie aber auch für unterschiedliche Zwecke verwendet wird, stellt dies kein Problem dar. Ein Vorteil der einfachen Technik ist auch, dass der Prozess kurz ist, sowie auch jederzeit früher beendet werden kann, da das Draufschütten von neuem Holz unterlassen werden kann. Für die Kleinbauern, die diese Kohle dann als Dünger verwenden können, stellt diese Art der Schnittgutverwertung eine enorme Chance dar. Ich denke auch in der Schweiz könnte sowas im kleinen Rahmen interessant sein. So könnten Bauern, die Obst oder Wald besitzen ihren eigenen Dünger herstellen und würden sich so kosten sparen. Es müsste dafür noch eine Kosten-Nutzen-Analyse gemacht werden, die Idee könnte aber durchaus interessant sein.

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Literaturverzeichnis:
Risi Marius, Juni 2018, «Umgang mit der Natur. Traditionelles Handwerk. Köhlern im Entlebuch», Lebendige Traditionen, https://www.lebendige-traditionen.ch/tradition/de/home/traditionen/koehlern-im-entlebuch.html (18.11.2022).
Bildverzeichnis:
Bild 1, 2, 4: Paul Duss, Romoos. https://www.lebendige-traditionen.ch/tradition/de/home/traditionen/koehlern-im-entlebuch.html (18.11.2022).
Bild 2, 5, 7: Dea Spiess, Mollesnejta. Oktober 2022
Bild 6: Laura Wiegand, Mollesnejta. Oktober 2022
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