Verfasst von Laura Wiegand am 05.12.2022
Als ich den Vorschlag von der Institutsleiterin Noemi Stadler-Kaulich und Olli, einem meiner Mitpraktikanten, über ein geeignetes Forschungsprojekt für mich hörte, war ich sofort begeistert. Das Thema schien perfekt auf mich zugeschnitten, da ich mich schon seit mehreren Jahren mit der Thematik um Darmmikrobiom, mikrobielle Fermentation und Defäkation beschäftige. Umso mehr freute ich mich, dass ich nun in den kommenden fünf Wochen in einem anwendungsbezogenen Projekt untersuchen durfte, ob Verdauung und Vogelkot nicht nur negativ konnotiert sind, sondern auch Vorteile haben. Zunächst ein paar Hintergrundinformationen.
Der Mollebaum, auch als Peruanischer Pfefferbaum oder unter dem wissenschaftlichen Namen Schinus molle bekannt, gehört zur Familie der Sumachgewächse (Anarcadiaceae) und ist ein typischer Baum des andinen ariden Klimas. Er ist einheimisch zwischen Mittelamerika bis ins südliches Chile und Argentinien und ist auch in Mollesnejta Bestandteil der heimischen Flora. Vor allen die Anpassung an die vorherrschende Trockenheit spielt eine große Rolle. Durch die Vergesellschaftung mit Mykorrhizapilzen gelingt eine ausreichende Nährstoffaufnahme auch in mageren Böden.
Mollesnejta gehört zur Kommune Combuyo, das am Fuße der Anden in Zentralbolivien auf ca. 2800 m liegt. Die nächste Großstadt ist Cochabamba und ist ca. eine Autostunde entfernt. In der Region in und um Cochabamba herrscht ein Steppenklima und die Niederschläge liegen im Jahresmittel bei etwas über 500 mm. Im trockensten Monat Juni kann es mitunter zu nur sehr wenig Niederschlag von 2 mm kommen, auch die Monate Juli, August und September verzeichnen nicht viel mehr Niederschläge. Die Regenzeit beginnt ab ca. November und hält bis März an, in der sich die Niederschlagsmenge auf bis zu 130 mm (Januar) belaufen kann.

Aufgrund der klimatischen Bedingungen ist es wichtig, dass die heimische Flora an Trockenheit angepasst ist. Zur Aufforstung eignet sich der Mollebaum deshalb besonders gut, da er wenig Wasser benötigt und ebenso auf dem relativ nährstoffarmen, ausgewaschen Boden gedeihen kann. Er wird bis zu 15 m groß, ist ein immergrüner Laubbaum und seine Blätter duften bei Verreiben aromatisch. Das gesamte Blatt ist ca. 30 cm lang und besteht aus wechselständigen, unpaarig gefiederten Laubblättern, von denen ca. 15 bis 41 Blättchen ein Blatt bilden. Seine Frucht ist eine Steinfrucht und als rosa Pfeffer bekannt, der sich je nach Reifestadium von hellgrün über rötlich nach rosapink verfärbt und ein gelbliches verschrumpeltes Aussehen annimmt, wenn er vertrocknet vom Baum fällt. Neben der Verwendung als Pfeffer werden Blätter und Harz für medizinische Zwecke verwendet. Die Verbreitung der Samen erfolgt durch Vögel: Sie verzehren die Frucht und scheiden den Samen über den Kot wieder aus. Im Verdauungstrakt des Vogels erfolgt eine enzymatische und mikrobielle „Anverdauung“ der Samen. Gemeinsam mit den restlichen Ausscheideprodukten des Vogeldungs ist der Mollesamen also von einem organischen Dünger umhüllt. Beides – enzymatische, mikrobielle „Vorprozessierung“ sowie organische Düngerschicht bilden eine hervorragende Wachstumsgrundlage für den Samen, um zu keimen. Diese Hypothese bildet die Grundlage des kleinen Forschungsprojektes, in dem untersucht wird, ob es einen Unterschied zwischen der Keimfähigkeit von vom Baum gefallenen und durch Vögel anverdaute, von Kot umhüllte Samen gibt. Da Wasser und Nährstoffe hier insbesondere in den trockenen Monaten limitierende Faktoren sind, spielen eine kürzere Keimdauer und/oder eine höhere Keimrate eine Rolle bei der Einsparung von Ressourcen.

Im Vorfeld wurde von meiner Mitpraktikantin Dea Mollesamen enthaltener Vogelkot aufgesammelt (dazu bot sich ein Vogelnest neben einem Mollebaum an), gleichzeitig wurden vom Baum gefallene Mollesamen zusammengesucht.
Zur Vorbereitung des Versuches war es außerdem wichtig, geeignetes Substrat bereitzustellen, was selbst hergestellt wurde. Die Zusammensetzung der Anzuchterde spielt eine wichtige Rolle und stellt neben Wasser die Grundlage einer guten Keimung dar.
Die in Mollesnejta vorkommende Erde ist von Natur aus von sandiger Textur und enthält durch langjährige Auswaschung nur wenige Nährstoffe. Gleichzeitig ist es wichtig, die Keimlinge von Anfang an den hiesigen Boden anzupassen, weswegen die Erde mit etwas Nährstoffen und vor allem Mikroorganismen angereichert wird. Es werden drei Komponenten dazu verwendet und das Verhältnis beträgt etwa 3:3:1
- Sandige Erde aus den Ausgrabungen für das Fundament der Aula: von dem Gelände
- Erde aus dem oberflächlichen Wurzelbereich von hiesigen Bäumen, die Mykorrhiza enthalten
- Sägespäne, die Lignin enthält und als Nahrungsgrundlage für die Mykorrhizapilze dient
Die verschiedenen Komponenten wurden per Hand vermischt und anschließend durch ein engmaschiges Sieb gesiebt, sodass das Gemisch sehr fein wurde und gut in die Anzuchtkammern der Anzuchtplatten gefüllt werden konnte. „Das ist das Beste, was ich seit langer Zeit angefasst habe“ waren die Worte meiner Freundin Emma. Und in der Tat fühlte sich die Erde nach dem Sieben sehr weich und geschmeidig an und mit dem Wissen im Hinterkopf, dass diese wertvolle Erde glücklich macht, mit ihren Mikroorganismen hervorragend für das menschliche Mikrobiom ist, ja sogar die Serotoninsynthese ankurbeln kann, tat es noch zehnmal besser, sie durch die Hände rieseln zu lassen und sie zu verarbeiten. Nach erster lockerer Befüllung wurde die Erde etwas angedrückt und erneut Erde hinzugefügt, bis die Kammer randvoll gefüllt war. Eine Anzuchtplatte bestand aus 10×5 Kammern und für den Versuch wurden zwei Anzuchtplatten benötigt.
1. Anzuchtplatte: In jede Kammer wurden 2-4 mit Vogelkot umhüllte Mollebaumsamen gegeben. Die Samen wurden zum Teil als Konglomerat, zum Teil einzeln eingesät.
2. Anzuchtplatte: In jede Kammer wurden durchschnittlich 3 einzelne Mollebaumsamen hinzugegeben, alle reif, mit eingetrockneter Hülle, zum Teil ohne Hülle (schon abgefallen).


Die Aussaat erfolgte durch Hinzugabe der Samen durch leichtes Eindrücken in und leichte Bedeckung mit Erde. Anschließend wurden die einzelnen Parzellen gegossen. Als Fraßschutz wurden die Anzuchtplatten mit einem Netz überspannt. Es wurde im Schnitt einmal täglich gegossen, bei Regenfall zumeist in der Nacht wurde mit dem Gießen ausgesetzt.
Die Witterung war meist sonnig, von kühl und windig über moderat bis sehr warm. Die Anzuchtplatten wurden durch die Fraßschutznetze ebenfalls vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt. Ab der vierten Versuchswoche gab es zunehmende spätabendliche Niederschläge und allmählich begann die Regenzeit sich anzukündigen. Bei sehr windigen Tagen wurde wegen schnellerer Evaporation vermehrt gegossen.
Ergebnisse und Auswertung
Der Versuch war über einen Zeitraum von 5 Wochen angelegt. Schon nach einigen Tagen keimten bereits erste Keimlinge, die sich als Beikräuter herausstellten. Denn die durchschnittliche Keimdauer von Mollesamen beträgt 21 Tage, wobei der Schwankungsbereich mehrere Tage umfasste. Die Keimlinge erscheinen mit zwei eher dunkelgrünen gegenständigen ovalen Keimblättern und rotpinken Stengelchen. Das darauffolgende Blattpaar hat einen gezahnten Rand und ist von gleicher Farbe. Nach etwa der Hälfte der Versuchszeit waren in der Versuchsanzuchtplatte 20 Keimlinge sichtbar, in der Kontrollanzuchtplatte 17. Damit ergab sich rein visuell kein großer Unterschied.

An Tag 35 nach Aussaat und Versuchsende ergab sich eine Keimrate von 46 Keimlingen der anverdauten Samen und 32 Keimlinge der vom Baum gefallenen Samen. Die Keimrate der anverdauten Samen betrug also etwa 1/3 mehr als die von den reifen Samen und es deutete auf eine Bestätigung der Ausgangshypothese hin. In den einzelnen Parzellen waren meistens ein Keimling, zum Teil auch zwei oder drei Keimlinge gekeimt, alle wurden gezählt. Einige blieben leer bzw. nach Versuchsende fand noch keine Keimung statt. Für aussagekräftigere Versuchsergebnisse sollte eine höhere Anzahl an Versuchsparzellen (n größer als 50) angelegt werden und detailliertere Beobachtungen erfolgen mit genauen Angaben zu Witterung und Keimzeit sowie das weitere Gedeihen im Verlauf.


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