Unsere Praktikantin Johanna hat sich dazu entschlossen, über die deutsche NGO Naturefund eine Ausbildung zur Agroforsttrainerin zu machen (nähere Infos dazu gibt es hier).
Dazu muss sie eine eigene Agroforstparzelle installieren und monatlich einen Bericht verfassen, die wir auch regelmäßig auf unserer Homepage veröffentlichen. So kann man auch aus der Ferne die Entstehung der Parzelle beobachten und auch jedes Mal etwas mehr über Agroforst lernen.
Vorgehensweise bei der Installierung der Parzelle
- Löcher graben: 5 große Löcher (1x1x1m) für Obstbäume, 3 kleine Löcher (0,5×0,5×0,5m) für Begleitbäume
- Substrat herstellen und mischen
- Löcher füllen
- Graben für die Terrassierung graben
- Bewässerungskanäle graben
- Pflanzgraben für Windfang aus Büschen graben
- Pflanzen und eingießen
- Erde sieben
- Bewässerungskanäle mit Aktivkohle füllen und mit Steinen abdecken
- Substrat für Windfang herstellen und mischen
- Pflanzgraben füllen
- Büsche für Windfang pflanzen und eingießen
Folgende Schritte fehlen noch
- Terrassen (Steinmauern) fertig errichten
- Boden der Gemüsebeete auflockern, Steine entfernen
- Gemüsebeete mit gesiebter Erde nivellieren, mit Mist anreichern
- Vogelschutznetz für Gemüsebeete herstellen
- Gemüsebeete anpflanzen
Bewässerung mit Grauwasser: oberhalb meiner Parzelle wurde mit dem Bagger ein Loch gegraben, in dem ein Wasserbecken für das Grauwasser (Abwasser von Dusche, Waschbecken und Spüle) des Modellhauses (ein kleines Häuschen mit Platz für bis zu 3 Personen) entstehen soll. Durch Schotter und eine bestimmte Schilfart wird das Wasser gefiltert, der Rest dient der Bewässerung meiner Parzelle: es kommt am höchsten Punkt der Bewässerungskanäle an und wird dann über die Kohle bis nach unten weitergegeben. Pflanzenkohle ist auch gut geeignet zum Filtern von Grauwasser, da sie die Nährstoffe und auch Schwermetalle aufnimmt.
Was ich gelernt habe
- Beobachtung: die Pflanzen, die vorher schon in der betriebseigenen Baumschule gestanden sind, hatten keine Probleme, sich anzupassen. Pflanzen, die von außen zugekauft wurden, haben zuerst mal ihre Blätter verloren und sind erst später wieder neu ausgetrieben
- Effektive Mikroorganismen: findet man im Laub unter Büschen und Bäumen (hier vor allem bei Chacatea Dodonaea viscosa). EM sind besonders bei fremden Pflanzen wichtig, denn sie haben dadurch dann gleich die heimischen Mikroorganismen rund um ihre Wurzeln, die sie unterstützen. Außerdem ist das Laub Humus für den Boden. EM dürfen aber nicht zu tief in den Boden eingebracht werden, denn sie brauchen Sauerstoff.
- Cerco vivo: ein lebendiger Zaun aus Büschen und Bäumen rund um (Obst-) Parzellen ist wichtig, denn die darin lebenden Tiere (darunter Bakterien) oberhalb und unterhalb der Erde unterstützen die Pflanzen in der Parzelle und produzieren auch z.B. natürliche Antibiotika.
- Die Tuna (Opuntia) bringt in einem Umkreis von zwei Metern Feuchtigkeit in den Boden: Kakteen speichern Wasser; wenn der Turgor (Druck des Zellsafts auf die Zellwand) in den Wurzeln so weit nachlässt, dass diese ihre Funktion nicht mehr ausüben können, schickt die Pflanze Feuchtigkeit aus den Blättern in die Wurzeln. Gemäß der Semipermiabilität lebendiger Zellen, diffundiert aus den Wurzelzellen Feuchtigkeit in den Boden und auch die Pflanzen, die rundherum wachsen, profitieren davon.
- Native Pflanzen: sind wichtig, da sie eine Art Guide für die (ursprünglich nicht heimischen) Obstbaumarten sind. Sie ermöglichen Pflanzenkommunikation (Austausch von Nährstoffen) mit der Umgebung, geben der Primärart die Bodenlebewesen, die sie brauchen und auch Abwehrstoffe, die in dieser Umgebung notwendig sind



Monatsportrait: Regenerative Landwirtschaft
Ich habe mich in letzter Zeit mit regenerativer Landwirtschaft und den verschiedenen Methoden beschäftigt. Vor allem das empfehlenswerte Buch „Humusrevolution. Wie wir den Boden heilen, das Klima retten und die Ernährungswende schaffen“ von Ute Scheub und Stefan Schwarter hat mich begeistert. Hier habe ich auch als Gedankenstütze die für mich wichtigsten Punkte aufgeschrieben.
- Regenerative Landwirtschaft wurde 1983 von Robert Rodale, dem Gründer des ökologischen Forschungsinstitutes Rodale Institute, formuliert. Er setzte sich öffentlich dafür ein und gründete später ein „Regenerationsprojekt“, das Bauern und Gemeinden ermutigte, regenerative Ansätze zu verfolgen.[1]
- Als Regenerative Landwirtschaft wird ein Ansatz in der Landwirtschaft bezeichnet, der Pestizide und Kunstdünger ablehnt und dabei die Regeneration des Mutterbodens, die Biodiversität und den Kreislauf des Wassers verbessern soll.[2]
- Alte und neue agrarökologische Praktiken in Stadt und Land sind aber auch ein Großteil der Lösung – und die lautet: den Kohlenstoff aus der CO2-überlasteten Atmosphäre zurück in den Boden bringen. Denn dieser Grundstoff allen Lebens fehlt im Erdreich immer dramatischer – aufgrund von Entwaldung, Humusabbau und weltweiter Bodenerosion. Kohlenstoff ist der Hauptbestandteil von Humus. Und von Humus hängt der gesamte Lebenszyklus der Landpflanzen, -tiere und Menschen ab.[3]
- Vorausgesetzt, es werden nicht ständig neue Quellen fossiler Energien erschlossen und verbrannt, könnte solch eine globale Regenerativkultur womöglich schon bis 2050 die Klimakatastrophe zur Geschichte machen, das atmosphärische CO2-Niveau auf vorindustrielles Niveau drücken, der Menschheit gesunde Nahrung und Wasser liefern und das Artensterben aufhalten. [3]
- Regenerative Agrikultur ist eine ganzheitliche, viele Methoden umfassende Praxis, die Boden aufbaut und aktiv die Regenerationskräfte der Natur unterstützt. Ihr zugrunde liegt ein ökosystemischer Ansatz, der stets verschiedene Faktoren gleichzeitig einbezieht und verbessert: Boden, Luft, Wasser, Artenvielfalt, Ernährung, Gesundheit, aber auch soziale Aspekte wie Gerechtigkeit und vieles mehr. Er fördert die Krisenfestigkeit und das Wohlergehen aller Lebewesen. [3]
Werkzeugkasten der Regenerativen Landwirtschaft [3]
Design-Systeme:
- Keyline-Design: Landschaftsgestaltung mit Hilfe des Wassers
- Wasserretention: Anlagen mit Teichen und Seen
- Permakultur: Gestaltungskonzept regenerative Lösungen zu entwickeln
- Kreislaufwirtschaft: Stoffflüsse bewusst schließen damit kein Abfall entsteht
- Sortenvielfalt: lokale Anpassungen, erhöhte Resilienz, mehr Geschmack, Saatgut-Tausch
Tier-Mehrjahres-Systeme
- Holistisches Weidemanagement: Tiere in hoher Dichte kleine Bereiche beweiden lassen
- Waldweiden: Kombination von Bäumen und Weidetierhaltung
Mehrjahres-Systeme
- Essbare Stauden: gärtnerische Nutzung von mehrjährigen Wildpflanzen
- Agroforstsysteme: Bäume in den Acker und die Wiesen integrieren
- Pflanzenkohle: Kohle im Boden nutzen als Terra Preta
- Waldgarten: Bäume, Sträucher und mehrjährige Gemüsestauden miteinander kombinieren
Ackerbau-Systeme
- Minimal-Bodenbearbeitung: möglichst den Boden nicht stören
- Gründüngung: den Ackerboden mit Pflanzenmischungen beleben
- Direktsaat: in einen mit Pflanzen bedeckten Boden säen
- Untersaaten: Boden der Ackerkulturen mit Pflanzen ständig bedeckt halten
- Mischkulturen: Vielfalt in den Pflanzenkulturen
- Kompostierung: Abfälle zu wertvollem Humus verwandeln
- Zwischenfrüchte: Feldfrucht, die zwischen anderen zur Hauptnutzung dienenden Feldfrüchten als Gründüngung angebaut wird
Einjahres-Systeme
- Mulch: Boden ständig bedecken und damit Bodenleben wie Pflanzen nähren
- Marktgärten: intensive, händische Arbeit auf kleiner Fläche mit hoher Produktivität
Solidarische Systeme
- SoLaWi: Bauern und Landwirtschaft solidarisch tragen
- Allmende: gemeinschaftliches Eigentum und Nutzungsrecht
- Stadt-Land-Beziehung: neue Beziehungen entwickeln
- Essbare Städte: Anbau von Obst und Gemüse auch in der Stadt
[1] Dahlberg, K.A. (1993). Regenerative Food Systems: Broadening the Scope and Agenda of Sustainability. Food forthe Future (ed. P. Allen), 75-102.
[2] Olaf Christen, Victor Squires, Rattan Lal and Rober J. Hudson (Hrsg.)(2010): Interdisciplinary and Sustainability Issues in Foodand Agriculture, Band II.
[3] Scheub, Ute und Schwarter, Stefan (2017): Die Humusrevolution. Wie wir den Boden heilen, das Klima retten und die Ernährungswende schaffen. München, oekom verlag.
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